Freier gleicher Wille
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Jeden Dienstag gehe ich nach meinen Veranstaltungen in die Bibliothek des philosophischen Seminars. Jeden Dienstag mache ich in dem anfangs zu kaltem Raum die Heizung neben mir an, schiebe den Stuhl näher, schmiege mich an, und jeden Dienstag schaue ich hier erstmal eine Folge „the office“. Ich sitze da, lasse mich von der so angenehmen Romantisierung der Monotonie berieseln, und schaue aus dem Fenster. Ein Kirchturm baut sich vor mir auf. Wie jede Woche denke ich, wie schön es dämmert. Mein Blick schweift, während Jim in die Kamera schaut; Lernende Menschen und Bücher. Hinten am Ende des Regal fesselt ein Buch meinen Blick: „Statistical physics“. Ich denke an letzte Woche, in der mein Blick das selbe Buch fand. Das letzte Mal habe ich darin geblättert. Die Ironie, dass mir gerade dieses Buch in der philosophischen Bibliothek ins Auge fällt, wo ich doch hier bin um statistische Physik zu lernen, ist doch erstaunlich, dachte ich das letzte Mal, denke ich.
Nach schläfrigen zwei Stunden entscheide ich mich zu gehen. Auf dem Weg zum Ausgang lasse ich wandernden Blickes und Schrittes wieder einige Buchrücken hinter mir, bis ich in einem Gang auf das Ende schaue. Neben einer Reihe an nicht erkennbaren Titeln will eines ganz besonders auf sich aufmerksam machen; auf einem schwarzen Band titelt eine goldene Schrift „free will“. Ob ich will oder nicht, werde ich wirklich jede Woche von diesem Buch an meinen freien Willen erinnert. Genau auf Augenhöhe erinnert es mich daran, trotz freien Willens meine Augenhöhe zu wechseln, weil ich sonst für immer nur die Enzyklopädie des freien Willens finden kann.